RIVAL CONSOLES: INTROVERTIERTE CLUB ENERGIE

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Persona – ein Psycho-Thriller des legendären Ingmar Bergmans aus dem Jahre 1966, der zwei Charaktere in dem langsamen Verlust ihrer unabhängigen Identitäten begleitet, legt den Grundstein für Ryan Lee Wests aka Rival Consoles gleichnamiges Album. Die Exploration und Wahrnehmung unserer Person, durch uns und andere, die unvermeidbare Diskrepanz einer inneren und äußeren Person, inspirierten Ryan und werden thematisch von Persona aufgegriffen.

Der Britische Produzent schafft es, wie bereits mit Howl und Night Melody, durch seine digitalen Sounds eine emotionale Bewegung auszulösen. Introvertierter, weniger tanzbar, doch weiterhin Spiegel der Emotionen, erreicht Persona viel mehr als nur eine Abfolge avantgarder Sounds. Mutige Experimente aus subtilen Beats, euphorischen Höhen und beruhigenden Tiefen ebben langsam ab und fließen umso schneller wieder ineinander.

Elektronische Musik persönlich und nicht gesichtslos zu gestalten ist eine Kunst, die gelernt sein möchte. Ryan selbst sagt dazu: “My music is generally inward looking. I like finding something about the self within music, that doesn’t have to be specific but maybe asks something or reveals something. […] ‘a synthesiser is like a translator for unknown emotions’, which I think sums up what I am trying to do.”*

Ein Synthesizer als Medium unserer Selbst und unserem Innern. Ryan versucht mit Persona bewusst akustisch vielfältiger aufzufallen – eine Charakteristik, die sich mit Blick auf Nils Frahm und Jon Hopkins in der elektronischen Musikszene zu etablieren scheint. Man kann hier schon fast von sorgfältig komponierter und vermenschlichter Musik sprechen, hinter welcher sich ein ausgeprägter Sinn für Songwriting versteckt.

Der Track “Be Kind” orientiert sich an abstrakter Spontanität, die sich unbewusst und unkontrolliert um die Loops schlingt. Ryan begibt sich mit diesem Track auf Neuland, doch Dank seines Talents für Improvisation und seiner Freude am Risiko, muss er sich auch mit dieser Aufnahme nicht verstecken. “It’s a completely improvised recording in mono, that’s got no editing. I just improvised the melody, even the sequenced melody is on the sequencer, and I just pressed play. That is purely a live recording. I mean I wouldn’t be able to play exactly the same thing again because it was all improvised around that loop. I just liked it so much that, even though it has quite a few imperfections, it has a kind of integrity I think which fits the record.”*

“Dreamer’s Wake” mixt digitalisierte Schläge, indigene Rhythmen und 70er Jahre Sci-Fi Synths, welche in einem ambienten Stil resultieren, der in “Untravel” überläuft und dort auf kontrastierende Alterität trifft.  Ryan baut hier zusätzlich auf weichen, fremdartigen akustischen Wellen auf, über welche sich überlappende Synths bewegen, die durch gelegentliche Seichtheit abgemildert werden. Emotional übertrifft Ryan mit “Untravel” alles von ihm bisher produzierte.

Bestehend aus einem gläsernem Intro, ungezügelten und leicht bedrohlichen analogen Synth-Loops sowie verzerrten Acoustic-Sounds, findet Persona mit “Hidden” und “Fragment” langsam zu sich selbst. Persona schafft es nicht nur sich als eins der eindringlichsten und emotional bewegendsten elektronischen Alben 2018 zu behaupten. Es veranlasst uns in einer kinetischen und oftmals matten Welt, unsere Identität, nach innen und nach außen blickend, zu betrachten, zu vergleichen und eine rigide Idee unserer Persona reflektierend zu vervollkommnen. Rival Consoles beglückte uns im Herbst 2018 mit dem Track “Them is Us”, welcher uns hoffen lässt, dass wir bald ein erneutes Meisterwerk wie Persona erwarten können.

*Quelle: Emerged Agency, PopMatters

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